Sonntag, 31. August 2014

Irrungen und Wirrungen über die Euro-Krise und Ursachen

Simon Wren-Lewis hat vergangene Woche zwei ausgezeichnete Blog-Beiträge (hier und hier) zum Thema Euro-Krise geliefert. Beide sind unbedingt lesenswert.

Der an der Oxford University lehrende Wirtschaftsprofessor erläutert, wie die EU-Behörden die Lehren aus der Great Depression ignorieren und wider besseren Wissen an der fatalen Austeritätspolitik festhalten. Es gelingt Wren-Lewis, das Problem in der Euro-Zone und die Ursachen kurz und prägnant ohne Fachjargon allgemein verständlich darzulegen.

Auch Paul Krugman stimmt Wren-Lewis völlig zu und ergänzt, warum es eine Lösung unmöglich ist, solange Deutschland nicht eine höhere Inflation zulässt.

In Deutschland gibt es eine starke Tendenz, zu moralisieren, mit Appellen an die jüngste Wirtschaftsgeschichte des Landes, argumentiert der derzeit am Graduierten Zentrum der City Universtiy of New York (CUNY) lehrende Wirtschaftsprofessor. Berlin sagt: Unsere Wirtschaft steckte in den späten 1990er Jahren auch in einer Flaute. Wir haben uns selbst daraus gezogen. Warum kann Südeuropa sich selbst nicht helfen?

Ein wichtiger Teil der Antwort ist aber, dass Südeuropa heute einem deutlich ungünstigeren Umfeld gegenübersteht als Deutschland damals, so der im der CUNY angegliederten Luxembourg Income Study Center forschende Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften.

Und Deutschland weiss genau, warum.



Kerninflation (core inflation) im Euro-Raum, Graph: Prof. Paul Krugman

Warum die SNB von der Idee des Staatsfonds nichts hält

Die Idee, einen Staatsfonds einzurichten, um die Devisenanlagen der SNB zu bewirtschaften, rückt immer wieder in den Fokus der öffentlichen Diskussion.

Es gilt vorerst, festzuhalten, dass die SNB ihre Fremdwährungsbestände nicht einfach in Form vom Noten oder Bankguthaben hält. Die SNB investiert sie in verschiedene Anlageklassen und Währungen.

Vor diesem Hintergrund hebt Thomas Jordan, SNB-Präsident in einem in der NZZ am Sonntag heute veröffentlichten Interview erneut hervor, dass es nicht hilfreich ist, innerhalb der SNB einen gesonderten Fonds einzurichten, da bilanzmässig sich nichts ändern würde. Solange die SNB die Währungsreserven finanziert, sind sie Teil der SNB-Bilanz.

Jordan erinnert daran, dass der Grossteil der heutigen Devisenanlagen durch Geldschöpfung entstanden ist. Die SNB will diese Aktiven, wenn die Geldpolitik erfordert, auch wieder ohne Einschränkungen veräussern können. Nur so können wir eine unabhängige Geldpolitik führen. Bei einer Auslagerung der Reserven wäre dies nicht gewährleistet, so Jordan.



Aktienquote der SNB im Vergleich zu Währungsreserven, Graph: Fritz Zurbrügg, SNB, March 2014

Samstag, 30. August 2014

Wie hoch ist „hohe Körperschaftsteuer“ in der Praxis?

Immer dieselbe Leier: Die geschäftsführenden Vorstandsmitglieder der grössten US-Konzerne beschweren sich ständig über das Steuersystem und hohe Unternehmensbesteuerung.

Das Problem hat in den USA im Sommer 2014 mittlerweile einen Siedepunkt erreicht. Viele grosse amerikanische Unternehmen strengen sich an, kleinere ausländische Rivalen zu kaufen („steueroptimierende Übernahmetrickserei“), damit sie ihre „unternehmerische Staatsbürgerschaft“ aufgeben und die der ausländischen Gesellschaft im Übersee annehmen, um Steuerlast zu senken.

Manche Unternehmen erwägen sogar, den Hauptsitz ins Ausland zu verlagern (inversion).

Immer wieder hören wir, dass Unternehmen solche Massnahmen treffen, um sich wettbewerbsfähiger zu machen. Die Lösung sei, das Steuersystem zu reformieren und Körperschaftssteuersätze zu senken.

Stimmt aber die Geschichte? Nicht ganz, sagt Edward D. Kleinbard, wie Andrew Ross Sorkin in Dealbook, dem Blog von NYTimes ausführlich schildert.

Der an der University of Southern California lehrende Wirtschaftsprofessor vertritt die Ansicht, dass das US-Steuersystem die globale Wettbewerbsfähigkeit der US-Unternehmen nicht beinträchtigt. Es ist tatsächlich das Gegenteil der Fall, wie aus seiner jüngsten Studie („Competitiveness has nothing to do with it“) hervorgeht.

Warum ignorieren die EU-Behörden die Lehren aus der Weltwirtschaftskrise?

Wenn man über die Euro-Krise nachdenkt, ist es angemessen, die Eurozone als Ganzes zu betrachten. Was aber dabei öfters in Vergessenheit zu geraten scheint, ist die Tatsache, dass die EU eine Währungsunion ist, wo die EU-Staaten die Führung der Geldpolitik an die EZB übertragen und sich stattdessen auf die Einhaltung eines gemeinsam festgelegten Inflationszielwertes einigen.

Wenn ein EU-Land (z.B. durch Lohn-Dumping) die Ziel-Inflationsrate der EZB auf lange Sicht unterbietet, kann es seine Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Das gilt z.B. für Deutschland von 2000 bis 2007, wie Simon Wren-Lewis in seinem Blog mit der folgenden Abbildung darlegt. Während Frankreich sich an die gemeinsamen Regeln gehalten hat, hat Deutschland die Lohnstückkosten gesenkt. In Frankreich sind die Löhne im Einklang mit der Produktivität angestiegen. In Deutschland hat der Druck auf die Löhne die Binnennachfrage  geschwächt und die Beschäftigung vermindert.

Die Eurozone, die in Deflation rutscht, leidet nun unter einem chronischen Mangel an Gesamtnachfrage. Die OECD schätzt die Produktionslücke (output gap) 3,5% für 2013.

Die EU-Behörden, die mit der Geldpolitik nicht noch weiter gehen wollen und die Fiskalpolitik aus ideologischen Gründen ablehnen, ignorieren damit die Lehren aus der Great Depression 1920/1930 (Weltwirtschaftskrise) ignoriert werden, wie der an der Oxford University lehrende Wirtschaftsprofessor unterstreicht.


Lohnstückkosten in der Eurozone und wie Deutschland den Rest der Eurozone an die Wand drückt, Graph: Prof. Simon Wren-Lewis

Freitag, 29. August 2014

Frankreichs Absturz ist Europas Absturz

François Hollande, der Präsident von Frankreich hätte seit 2012 ein Herausforderer sein können. Er war mit dem Versprechen gewählt, von der Austeritätspolitik, die die kurze und nicht ausreichende wirtschaftliche Erholung abgewürgt hat, abzukehren.

Es sollte aber nicht sein. Sobald er das Amt übernahm, ist er unverzüglich eingeknickt und gab allen Forderungen nach noch mehr Austerität nach, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („The Fall of France“) am Freitag in NYTimes.

Das soll aber noch einer sagen, dass Hollande völlig rückgratlos ist, so der am Graduierten-Zentrum der City University of New York (CUNY) lehrende Wirtschaftsprofessor. Anfang dieser Woche hat der französische Präsident entschlossene Massnahmen getroffen, aber leider nicht, was die Wirtschaftspolitik betrifft. Nein. Er hat auf Mitglieder seiner Regierung abgesehen, die seine Unterwürfigkeit gegenüber Berlin und Brüssel in Frage zu stellten.

Es ist laut Krugman ein bemerkenswertes Spektakel. Um es zu verstehen, muss man zwei Dinge einsehen: (1) Europa ist als Ganzes in einer tiefen Krise, und (2) Frankreichs Performance ist viel besser als man aus den Berichterstattungen in den Medien schliessen kann. Frankreich ist nicht Griechenland und auch nicht Italien. Aber es lässt sich schikanieren, wie wenn es ein hoffnungsloser Fall wäre.

Warum lässt sich Frankreich so unter Druck setzen? Es ist schwer, nicht den Verdacht zu hegen, dass es politisch bedingt ist. Frankreich hat eine grosse öffentliche Hand und einen grosszügigen Wohlfahrtsstaat. Die Ideologie des freien Marktes sagt, dass das zu einer wirtschaftlichen Katatstrophe führt. Es ist also Katastrophe, worüber berichtet wird, auch wenn die Zahlen es nnicht belegen können.



Wirtschaftswachstum in Europa, Graph: Prof. Paul Krugman

Donnerstag, 28. August 2014

Erstmals im Euro-Raum negative Geldmarkt-Zinsen

Rund drei Monate nach der Einführung des negativen Zinssatzes (-0,10%) für Einlagefaziliät (deposit rate) durch die EZB sind die Geldmarkt-Zinssätze im Euro-Raum heute zum ersten Mal unter die Null-Linie gesunken:

Der EONIA-Satz (euro overnight index average) ist auf -0,004% gefallen. Das heisst, dass die Banken für die Bereistellung von Krediten keine Zinsen bekommen, im Vergleich zum Satz von 0,011% von gestern.




Rendite der deutschen Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit, Graph: Bloomberg

Frankreich-Bashing: Affektiertes Hobby der Eurokraten

Es dürfte jedem, der die öffentliche Debatte über die Euro-Krise aufmerksam verfolgt, aufgefallen sein, wie heftig insbesondere über Frankreich hergezogen wird. Es wäre nicht übertrieben, zu sagen, dass es fast zum guten Ton gehört, nicht nur am Stammtisch, sondern auch im Allgemeinen unter weisen Menschen Frankreich-Bashing zu betreiben.

Das ganze Geschehen wird aber allmählich so bizarr, dass man nur noch mit Achseln zucken kann: Frankreichs Präsident Hollande ergreift nach jahrelanger Untätigkeit plötzlich harsche Massnahmen. Alle, die seine Unterwürfigkeit gegenüber Forderungen aus Deutschland und der EU in Frage stellen, werden aus der Regierung entlassen.

Was geht aber in Frankreich eigentlich ab? Stimmen die pauschalen Aussagen, wonach Frankreichs Wirtschaft eine Katastrophe ist?

Es ist vor diesem Hintergrund aufschlussreich, einen Blick auf Paul Krugmans Blog zu werfen, wo sich heute der am Graduierten Zentrum der City University of New York (CUNY) lehrende Wirtschaftsprofessor mit dem Thema befasst und einige Parameter durchleuchtet. Überraschungen sind sicherlich vorprogrammiert:

Arbeitsmarkt:

Frankreich hat einen niedrigen Arbeitskräfte-Anteil (im Vergleich zu den USA) durch relativ alte Menschen (dank grosszügiger Rentenversicherung) und junge Menschen (zum Teil wegen der grosszügigen Sozialhilfe, sodass nur wenige während des Studiums arbeiten (müssen), zum Teil wegen des Mindestlohnes und anderer Faktoren, sodass die Jugengbeschäftigung nicht besonders gefördert wird).

Wie sieht es aber mit Arbeitskräften im besten Alter (prime-age workers; 25-54) aus? Frankreich hat einen deutlich höheren Anteil. Ein Land in der Krise?




Lohnstückkosten in der Eurozone im Vergleich, Graph: Prof. Paul Krugman

Mittwoch, 27. August 2014

Löhne, Preise und Wirtschaft

Arbeitskosten und Löhne sind infolge der Finanzkrise von 2008 und der Rezession immer mehr in den Mittelpunkt des Interesses der Ökonomen gerückt. Es ist ein offenes Geheimnis, dass das Lohnwachstum während der Rezession deutlich zurückgegangen ist.

Das Lohnwachstum bleibt heute nahe der historisch niedrigen Stände, trotz der jüngsten Verbesserungen auf dem Arbeitsmarkt, schreiben Edward S. Knotek und Saeed Zaman in einer Studie bei der Cleveland Fed.

Das gedämpfte Lohnwachstum wird verschiedentlich sowohl als Ursache als auch als Folge des schwachen Wirtschaftswachstums und der anhaltend niedrigen Inflationsraten betrachtet, argumentieren die Autoren weiter.

Die Entwicklung dürfte sogar zum Anstieg der Ungleichheit beigetragen haben. In einigen Analysen wird Lohnwachstum als eine notwendige Voraussetzung für eine stärkere Erholung und steigende Inflation angesehen. In anderen ist es eine natürliche Folge eines angespannten Arbeitsmarktes.


Lohnentwicklung, Graph: Edward S. Knotek and Saeed Zaman, in: Economic Commentary, Aug 2014

Dienstag, 26. August 2014

Die Eurozone im Netz des Balanced-Budget Fundamentalismus

Das ist die grösste Renditedifferenz zwischen den US-Notes (0,50%) mit zwei Jahren Laufzeit und den entsprechenden deutschen Zinspapieren (-0,03%) seit 2007. Das heisst, dass die Investoren 53 Basispunkte mehr fordern, um US-Notes zu besitzen als 2-jährige deutsche Papiere.

Europas wirtschaftliche Situation verschlechtert sich nach und nach. Die Rendite der deutschen Staatsanleihen signalisieren Stagnation. Die Rede ist von Deflation. Das ist die Botschaft der Anleihemärkte.

Europas Politiker tun alles , um eine Erholung der Wirtschaft zu verhindern, sagt Paul De Grauwe, wie Ambrose Evans-Pritchard in  The Telegraph berichtet.

Es ist die Idee des ausgeglichenen Haushalts (balanced-budget), die in der Eurozone einen Kultstatus geniesst. Es liegt auf der Hand: Wenn alle (Unternehmen, private Haushalte und die öffentliche Hand) gleichzeitig versuchen, Schulden abzubauen, entsteht daraus eine Abwärtsspirale.

Montag, 25. August 2014

Was hat die QE-Politik der Fed gebracht?

Ein Typisches Kennzeichen der unkonventionellen Geldpolitik ist die QE-Politik (QuantitativeEasing). Im Jargon der Fed heisst es offiziell LSAP (large-scale asset purchases), was nichts anderes bedeutet als der Ankauf von Staatsanleihen durch die Notenbank auf dem offenen Markt.

Roger Farmer hat sich kürzlich in seinem Blog damit beschäftigt, um eine Bilanz zu ziehen, wie wichtig das Anleihekaufprogramm der US-Notenbank war, während die nominalen Zinsen nahe null (zero lower bound) lagen.

Die eine Theorie besagt, dass die Fed aus den Händen der privaten Investoren ausreichend grosse Mengen an langfristigen Wertpapieren kauft, so dass der Rückgang des Netto-Angebots die Renditen der betreffenden Wertpapiere senkt.

Seit dem Zusammenbruch von Lehman Brothers im September 2008 hat sich die Bilanzsumme der Fed mehr als vervierfacht. Und der Bestand der Fed an langfristigen US-Staatsanleihen ist deutlich gestiegen.

Vor diesem Hintergrund erklärt James Hamilton in seinem mit Menzie Chinn geteilten Blog, dass das US-Schatzamt, während die Fed langfristige Staatsanleihen gekauft hat, die Ausgabe von Staatsanleihen mit längeren Laufzeiten deutlich erhöht hat.


LSAP durch die Fed und der Verlauf der Renditen der US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit, Graph: Prof. James Hamilton

Sonntag, 24. August 2014

Mario Draghi und düstere Wirtschaftsaussichten im Euro-Raum

EZB-Präsident Mario Draghi hat auf dem Treffen der Zentralbanker in Jackson Hole in Wyoming erstmals ausführlich dargelegt, wie düster die wirtschaftlichen Aussichten im Euro-Raum sind.

Draghi hatte bislang den Standpunkt vertreten, dass die Inflationserwartungen verankert sind. Nun hat er eingeräumt, dass ein weiterer Rückgang der Inflation die Preisstabilität gefährde. Die EZB wolle daher alle zur Verfügung stehenden Instrumente einsetzen, um eine deflationäre Abwärtsspirale zu unterbinden.

Der EZB-Indikator für Inflationserwartungen ist in diesem Monat zum ersten Mal unter die 2%-Marke gesunken.

Bemerkenswert ist, dass Draghi zum ersten Mal gesagt hat, dass die Euro-Krise mit Nachfrage-Mangel zu tun hat.

Seiner Meinung nach überwiegen die Risiken des „zu wenig zu tun“ (d.h. wenn die konjunkturelle Arbeitslosigkeit strukturell wird) die Risiken des „zu viel zu tun“ (d.h. wenn die Löhne und der Preisdruck übermässig steigen).


Entwicklung der Realzinsen in der Eurozone für die kommenden Jahre, Graph: Mario Draghi, EZB, „Unemployment in the euro area“, in Jackson Hole, Aug 2014

Samstag, 23. August 2014

Geldabwurf aus dem Helikopter

Die Notenbanken haben im Kampf gegen die Great Recession die Leitzinsen bis auf die Nullgrenze (zero lower bound) gesenkt. Die nominalen Zinsen liegen damit in den grössten Volkswirtschaften auf beiden Seiten des Atlantiks seit fast sechs Jahren nahe null Prozent.

Um die Deflationsgefahr abzuwenden, ergreifen die Zentralbank-Präsidenten unkonventionelle Massnahmen. Ökonomen nennen das entschlossene Vorgehen der Zentralbanken in einer Liquiditätsfalle „Geldabwurf vom Hubschrauber“.

Willem Buiter erklärt (h/t to David Keohane) in einer neulich vorgelegten Analyse ("The Simple Analytics of Helicoptger Money“), warum es immer funktioniert, die Druckpresse anzuwerfen (helicopter drop). 

Seiner Meinung nach gibt es jedoch drei Bedingungen, damit mit dem Geldabwurf vom Helicopter die gesamtwirtschaftliche Nachfrage angekurbelt werden kann:

Rendite der Staatsanleihen und Finanzierungskosten in der Eurozone

Die EZB strebt mit dem im Juni 2014 angekündigten Massnahmenpaket u.a. eine Abschwächung der Gemeinschaftswährung an. Der Wertverlust des EUR gegenüber dem US-Dollar in den vergangenen Wochen kann daher als ein Ergebnis der jüngsten Lockerung des geldpolitischen Kurses durch die EZB betrachtet werden.

Bemerkenswert ist jedoch in diesem Zusammenhang, dass mit dem Rückgang der Renditen der Staatsanleihen an der EU-Peripherie die Finanzierungskosten im privaten Sektor kaum gesunken sind:

Während die Finanzierungskosten der Schuldnerländer sinken, ändert sich den hohen Finanzierungskosten (für Unternehmen) im Privatsektor nicht viel, wie die folgende Abbildung zeigt.


Renditen der Staatsanleihen fallen, aber nicht die Finanzierungskosten im Privatsektor, Graph: Morgan Stanley

Freitag, 22. August 2014

Lohnwachstum würde Konjunktur in Fahrt bringen

Weltweit sitzen Unternehmen auf einem Berg von 7 Billionen USD Bargeld. Allein die Cash-Position der US-Unternehmen beläuft sich auf 2 Billionen USD, wie Morgan Stanley in einer heute vorgelegten Studie unterstreicht.

Bemerkenswert ist, wie die folgende Abbildung zeigt, dass der Rückgang des Lohnanteils im Vergleich zum BIP mit einem Anstieg der Gewinne der Unternehmen im Verhältnis zum BIP einhergegangen ist.

Würden die Löhne und Gehälter steigen, würde die Wirtschaft von zwei Seiten Unterstützung bekommen: Investitionen und privater Verbrauch.

Damit die Konjunktur anspringt, müssen Unternehmen und der Staat sich verschulden, d.h. die überschüssigen Ersparnisse in der Wirtschaft aufnehmen.



Der Rückgang der Löhne erhöht Unternehmensgewinne in den USA im Vergleich zum BIP, Graph: Morgan Stanley

Donnerstag, 21. August 2014

Die bemerkenswerte Stabilität der Inflation-Panik

Eine zunehmend lautstarke Minderheit der Fed-Beamten wolle einen schnelleren Rückzug der geldpolitischen Stimulus-Massnahmen, berichtet NYTimes in einem von Binjamin Appelbaum verfassten Artikel.

Begründung: „Die Fed hat ihre Fähigkeit zur Ankurbelung der Wirtschaft weitgehend ausgeschöpft“.

Stimmt es? Wohl kaum!

Im Artikel wird Charles Plosser, Philadelphia Fed-Präsident zitiert. Aufmerksame Beobachter wissen, dass Plosser seit Anfang der Krise vor Inflation warnt: 2008, 2009, 2010 und 2011.

Und er lag damit immer falsch.

Mittwoch, 20. August 2014

Realzinsen im Euro-Raum dürften noch einige Jahre negativ bleiben

Die Laufzeitstruktur der Zinssätze in der Euro-Zone ist in den vergangenen Wochen flacher geworden. Was das konkret bedeutet, lässt sich gestützt auf das von der EZB im Juni 2014 angekündigte Massnahmenpaket wie folgt umschreiben:

Die Investoren gehen davon aus, dass die Realrenditen (für die Laufzeit von einem Jahr) in den nächsten 6 bis 7 Jahren negativ verlaufen werden.

 

Euro Real-Rendite Zinsstrukturkurve (term structure), Graph: Morgan Stanley

Dienstag, 19. August 2014

Bilanzsumme der Notenbanken im Verhältnis zum BIP

Die Fed-Bilanz ist infolge der unkonventionellen Massnahmen (z.B. Ankauf von Staatsanleihen), die als Reaktion auf die Great Recession getroffen wurden, auf mehr als 4 Billionen USD gestiegen. Ziel ist, die Zinsen am langen Ende zu drücken, und damit Investitionen und den privaten Verbrauch anzukurbeln.


Bilanzsumme der US-Notenbank (Fed), Graph: Vincent Reinhart, Morgan Stanley

Warum gibt es Kriege?

Ein Jahrhundert ist es vergangenen seit dem Beginn des Ersten Weltkrieges. Viele Menschen sagten damals, dass es der Krieg war, um alle Kriege zu beenden.

Leider kommt es immer weiter zu Kriegen. Und während die Schlagzeilen über die Ukraine von Tag zu Tag erschreckender werden, ist es ein guter Zeitpunkt zu fragen, warum, so Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Why We Fight“) am Montag in NYTimes.

Es war einmal, wo Kriege für Spass und Profit getrieben wurden: Roma überrannte Kleinasien, Spanien eroberte Peru. Es ging um Gold und Silber. Und so was passiert heute noch, argumentiert der am Graduierten Zentrum der City University of New York (CUNY) lehrende Wirtschaftsprofessor.

Wenn Sie eine moderne und wohlhabende Nation sind, auch wenn es einfach ist, lohnt sich der Krieg nicht. Und dies gilt seit einer langen Zeit. Moderne Nationen können sich selbst durch Krieg nicht bereichern. Doch geschehen Kriege immer noch. Warum?

Eine Antwort ist laut Krugman, dass die Staatsoberhäupter die Arithmetik nicht verstehen. Es ist nur eine Vermutung, die aber wahrscheinlich scheint, dass Vladimir Putin dachte, dass er die ukrainische Regierung stürzen kann oder zumindest einen grossen Teil des ukrainischen Gebietes konfiszieren kann, auf die billige Tour, um den Rebellen Hilfe zukommen zu lassen. Das Land würde dann in seinen Schoss fallen.

Montag, 18. August 2014

Europa’s Wirtschaftskrise ist schlimmer als Depression in den 1930er Jahren

In Europa herrschen zuviel Sparpolitik und zuwenig geldpolitische Impulse, als dass die Wirtschaft sich erholen kann, schreibt Matt O’Brien in einem lesenswerten Artikel in WaPo.

Es ist ein verlorenes Jahrzehnt, schlimmer als in den 1930er Jahren, legt der amerikanische Autor und Journalist leidenschaftlich dar.

Seit sechs und einhalb Jahren kommt die europäische Wirtschaft nicht voran. Das BIP ist immer noch 1,9% tiefer als vor dem Beginn der Great Recession.

Es ist aber irreführend, das Ganze eine Depression zu nennen. Es ist schlimmer als das: O’Brien redet von Europas Japanisierung: Eine Kombination von Zombie Banks, einer rapide alternden Bevölkerung und vor allem zu straffer Geldpolitik hat das Euroland in eine „lowflation“ Falle gedrängt, was es schwieriger macht, wirtschaftlich zu wachsen und ja sogar sich daraus zu retten.

Es ist laut O’Brien genau das, was Japan in den 1990er Jahren erlebt hat und 20 Jahre danach immer noch darunter leidet. Das aktuelle BIP Japans ist nämlich heute niedriger als damals.



Europas Japanisierung: Kein Wachstum – Keine Inflation, Graph: Matt O’Brien in WaPo

Sonntag, 17. August 2014

E-Book zum Thema „Secular Stagnation“

VoxEu, das wirtschaftspolitische Portal des Centre for Economic Research hat am Freitag ein kostenloses e-Book zum Thema „Secular Stagnation“ (Facts, Causes and Cures) mit Beiträgen von einer Menge von guten Ökonomen (Olivier Blanchard, Barry Eichengreen, Richard Koo, Larry Summers usw.) zur Verfügung gestellt.

Es ist ein Must-reading für alle, die sich für die gegenwärtige Debatte über die wirtschaftlichen Aussichten interessieren.

Damit der Begriff keine Verwirrung stiftet: Unter secular stagnation versteht man heute die Behauptung, dass die zugrunde liegenden Veränderungen in der Wirtschaft wie z.B. das schwache Wachstum der Bevölkerung im erwerbstätigen Alter dafür sorgen, dass die Episoden wie die vergangenen fünf oder sechs Jahr in Europa oder den USA und die letzten 20 Jahren in Japan sehr wahrscheinlich wieder vorkommen.

Das heisst, dass die Wirtschaft sich mit einer anhaltend mangelnden Nachfrage konfrontiert sieht, auch wenn die nominalen Zinsen nahe Null (zero lower bound) liegen.

Wie Paul Krugman in seinem Blog betont, ist die secular stagnation nicht das, was Bob Gordon, der im Buch übrigens auch einen Beitrag liefert, meint, dass das Wachstum des Wirtschaftspotenzials sich verlangsamt, obwohl auch die Verlangsamung des Potenzialwachstums zur säkularen Stagnation beitragen kann, durch die Reduzierung der Investitionsnachfrage.

Es hat mit der Nachfrage-Seite zu tun, nicht mit der Angebot-Seite. Und es ergehen daraus einige ernsthafte unkonventionelle Folgen für die Politik.


Wann kommt die erste Zinserhöhung durch Zentralbanken?

In Deutschland ist die Rendite der Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit unter 1 Prozent (0,95%) gesunken. Nach Japan (0,49%) und der Schweiz (0,465%) gehört nun auch Deutschland zum „Club below 1%“, wo die öffentliche Hand sich für weniger als 1 Prozent auf 10 Jahre Geld borgen kann,

Die Eonia-Kurve deutet jetzt darauf hin, dass die EZB die Geldpolitik mit einem langsameren Tempo normalisieren wird, d.h. mit zwei oder weniger 25 Basispunkten Zinserhöhung im Jahr, wie Analysen von Morgan Stanley in einer am Freitag vorgelegten Research-Arbeit darlegen.

Auch die Fed dürfte es mit Zinserhöhung nicht eilig haben: Erwartet werden 100 Basispunkte-Schritte im Jahr.

In Europa ist die Situation allerdings völlig anders. Die durchschnittlichen Erwartungen im Markt verschieben sich allmählich hinaus. Der erste Zinsanstieg dürfte im Euro-Raum daher erst im Juli 2017 erfolgen. Im Gegensatz zu den USA, wo der erste Zinsanstieg in 13 Monaten erwartet wird.


Der erste Zinsanstieg in der Euro-Zone verschiebt sich in letzter Zeit immer weiter hinaus, Graph: Morgan Stanley

Samstag, 16. August 2014

Ungleichheit und Allokationsproblem

In den USA ist der Anteil von 1% am Gesamteinkommen des Landes von 8% am Ende der 1970er Jahre auf rund 20% heute gestiegen.

Wenn das keine Auswirkungen auf das gesamtwirtschaftliche BIP hätte, ist es eine reine Umverteilung, was bedeutet, dass die durchschnittlichen Einkommen von 99% heute infolgedessen 15% niedriger liegen, erklärt Simon Wren-Lewis in seinem Blog.

Die entsprechenden Daten für die 1% in Grossbritannien sind 6% und 13%, was einen Rückgang von 7,5% für die durchschnittlichen Einkommen der restlichen 99% bedeutet.

Es gibt einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Anstieg der Einkommen ganz oben und den niedriegen Löhnen für alle anderen.

Argumente, die behaupten, dass die Gehaltserhöhung eines CEO niemandem schade, sind wohl ansprechend, aber möglicherweise nur trügerisch genau wie die Argumente, dass einige Steuervergünstigungen niemanden schädige.



Anteil des privaten Einkommens ganz oben (1%) USA versus UK, Graph: Prof. Simon Wren-Lewis

Was bedeuet eine dauerhaft unter dem Zielwert der Zentralbank liegende Inflationsrate?

Narayana Kocherlakota, Präsident der Minneapolis Fed hat gestern  in einem beachtenswerten Referat betont, dass es die Aufgabe des geldpolitischen Ausschusses (FOMC) der US-Notenbank (Fed) ist, die Geldpolitik so zu gestalten, dass sowohl die Preisstabilität als auch die maximale Beschäftigung gefördert werden.

Das Ziel der Preisstabilität wird in Form einer Inflationsrate von 2% pro Jahr festgelegt. Der Bezugsrahmen ist der PCE Price Index.

Der Index der persönlichen Ausgaben beläuft sich nach aktuellen Daten auf 1,6%. Das ist ein Wert unterhalb des von der Fed angestrebten Zielwertes von 2 Prozent. In den vergangenen 6 1/2 Jahren seit dem Ausbruch der Rezession betrug die Inflationsrate im Durchschnitt 1,6%. Und die Erwartungen deuten an, dass die Inflation noch einige Zeit niedrig verlaufen wird.

Der ewig anhaltende Konjunktureinbruch in Europa

Es ist kaum zu glauben, dass nach dem Fall von Lehman Brothers, der zu der schlimmsten Wirtschaftskrise seit den 1930er Jahren geführt hat, fast sechs Jahre vergangen sind.

Die Erholung der Wirtschaft ist aber noch lange nicht abgeschlossen und die falsche Politik könnte die schwächelnde Wirtschaft noch in eine mehr oder weniger dauerhafte Depression verwandeln, hebt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („The Forever Slump“) am Freitag in NYTimes hervor.

In der Tat ist das, was sich zur Zeit in Europa abspielt. Und der Rest von uns sollte von Europas Erfahrung lernen, argumentiert der am Graduierten Zentrum der City University of New York (CUNY) lehrende Wirtschaftsprofessor.

Europäische Beamte umarmen heute eifrig bereits diskreditierte Doktrinen, die angeblich Sparmassnahmen (fiscal austerity) rechtfertigen, auch in einer schwer angeschlagenen (depression) Wirtschaft. Eigentlich hat auch Amerika de facto eine Menge Sparpolitik betrieben, durch Zwangskürzungen im Haushalt (sequester) und  Ausgabenkürzungen auf der bundesstaatlichen und lokalen Ebene.

Die EZB ist nicht nur daran gescheitert, wie die Fed Staatsanleihen am Markt anzukaufen, sondern zudem auch die Zinsen im Jahr 2011 erhöht, um ein imaginäres Risiko von Inflation abzuwenden, erläutert der in der CUNY angegliederten Luxembourg Income Study Center forschende Ökonom weiter.

Goldstandard ist keine Garantie für Preisstabilität

Es gibt eine stehende Redewendung, dass die Fed aus dem Nichts Geld („out of thin air“) schaffen kann. Auch bekannt ist, dass die Gegner des Fiat-Money-System sich daher die Rückkehr der USA zum Goldstandard wünschen, damit die Fed nicht nach Belieben Geld schöpfen kann.

Die Phare „Geldschöpfung aus dem Nichts“ bezieht sich auf die Fähigkeit der US-Notenbank zu nahezu Null-Kosten Geld zu schaffen, erklärt David Andolfatto in einem lesenswerten Beitrag im Blog (“On the Economy”) der St. Louis Fed.

Es wird häufig behauptet, dass solch eine Fähigkeit zwangsläufig zu „zu viel Inflation“ führt. Unter einem Goldstandard sei die Versuchung zu Mehr-Inflation angeblich nicht vorhanden. Daher gilt es, so die Ansicht, dass das Gold nicht aus dem Nichts geschaffen werden kann.  Daraus folgt, dass eine Rückkehr zu einem Goldstandard die einzige Möglichkeit sei, Preisniveau-Stabilität zu gewährleisten.

Ein Goldstandard ist laut Andolfatto leider keine Garantie für die Preisstabilität. Es ist einfach ein Versprechen aus dem Nichts, um die Geldmenge in Bezug auf das Goldangebot verankert zu halten, legt der Vice President der St. Louis Fed dar.

Zu prüfen, wie dünn so ein Versprechen sein kann, stelle man sich das folgende Beispiel vor: Am 5. April 1933 hat Präsident Franklin D. Roosevelt das Goldbesitzverbot (gültig am dem 1. Mai) ausgesprochen: Alle Goldmünzen und Goldzertifikate von mehr als 100 USD (Wertgrenze) mussten zu einem Festpreis von 20,67 USD pro Unze bei staatlichen Stellen abgegeben werden, gegen Landeswährung.

Freitag, 15. August 2014

Warum ist die hohe und steigende Ungleichheit ein Problem?

Wenn wir über die Auswirkungen der Ungleichheit auf das Wirtschaftswachstum nachdenken, sollten wir mehr auf die Angebotsseite als auf die Nachfrageseite blicken, schreibt Alan Blinder in einem lesenswerten Artikel („The Supply-Side Case for Government Redistribution“) in WSJ.

Das ist ironisch. Die Fanfare für die angebotsseitige Wirtschaftspolitik seit den 1970er Jahren ist Steuersenkung für Reiche, in der Hoffnung (nicht aber durch Beweise unterstützt), dass die Vorteile einen „trickle-down“ auslösen.  

Heutzutage dürfte die beste angebotsseitige Wirtschaftspolitik darauf gerichtet sein, die Einkommensunterschiede zu verringern, so der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor.

Man stelle sich vor:

Kinder, die arm aufwachsen, bekommen K-12 Ausbildung und werden wahrscheinlich nicht aufs College gehen. Sie werden ihre Talente nicht so umfassend entwickeln können wir die Kinder aus der mittleren und oberen Klasse der Gesellschaft. Kinder, die unterernährt aufwachsen, erreichen nicht ihr volles körperliches oder geistiges Potenzial. Kindern, die ohne genügenden Zugang zu medizinischer Versorgung aufwachsen, werden als Erwachsene weniger gesund und leistungsfähig sein.

Diese schlimmen Auswirkungen der Armut bleiben aber nicht auf die armen Länder beschränkt, so der Autor des BuchesAfter the Music Stopped: The Financial Crisis, the Repsonse and the Work Ahead“.

Donnerstag, 14. August 2014

Warum sind sich Ökonomen nicht einig, was die Krise ausgelöst hat?

Eine besondere Eigenschaft der Great Recession ist, dass die Ökonomen sich nicht einig sind, was die Krise verursacht hat. Der Mangel an einem Konsens unter den Volkswirten in Bezug auf die Ursache der Rezession gibt Anlass, über den gegenwärtigen Zustand der Makroökonomie als Wissenschaft nachzudenken.

Fragt man die Makroökonomen, was die Rezession nach der Finanzkrise von 2008 ausgelöst hat, bekommt man unterschiedliche Antworten. 

Einige argumentieren, dass die mangelhafte Regulierung des Finanzmarktes dafür verantwortlich ist. Andere wiederum sagen, dass die hohe Verschuldung der privaten Haushalte getrieben durch die stagnierende Einkommen der Mittelschicht die schwere Krise herbeigeführt hat. 

Manche hingegen vertreten die Ansicht, dass es die Schuld der US-Notenbank ist, die die Zinsen „zu lange zu niedrig“ gehalten und damit eine Immobilien-Blase ausgelöst hat. Andere sind der Meinung, dass die financial innovation, mit der versprochen wurde, die Risiken in verbrieften Derivaten-Produkten deutlich reduzieren zu lassen, völlig fehlgeschlagen hat. 

Es gibt aber auch andere Auffassungen, wonach der Staat die Schuld trage, weil die öffentliche Hand versucht habe, Haushalten mit geringeren Einkommen zu groszügig zum Wohnungseigentum zu verhelfen. 

Die Ökonomen sind sich nicht einmal einig, warum die Krise so stark ausgefallen ist. Die fehlende Vereinbarung über die genannten Fragen bereitet daher aus drei Gründen besondere Sorgen, erklärt Mark Thoma in einem lesenswerten Artikel in The Fiscal Times.

Mittwoch, 13. August 2014

Warum unternimmt die EZB weniger gegen Deflationsrisiken als die Fed?

Es gelingt der EZB nicht, im Euro-Raum die absinkenden Inflationserwartungen zu stoppen.

Die Inflation ist in Spanien innert Jahresfrist um 0,3% und im Vergleich zum Vormonat um 0,9% gesunken., wie die spanische Statistik-Behörde INE heute mitgeteilt hat.

In einem solch schnellen Tempo sind die Preise in der viert grössten Volkswirtschaft Europas seit 2009 nicht mehr gefallen. Die Kerninflation beträgt mittlerweile null Prozent.

Auch im nächsten Jahr wird die EZB das eigene Inflationsziel von 2% allem Anschein nach unterbieten. Während Griechenland und Portugal bereits unter Deflation leiden, und in Italien die Inflation um die Null-Linie schwankt, gerät die EZB immer stärker unter Druck, weitere Massnahmen gegen Deflationsrisiken zu ergreifen.

Der Ausblick sieht in der Tat düster aus: Die Industrieproduktion im Euro-Raum ist laut eurostat im Juni gegenüber Mai um 0,3% gefallen.



Der konjunkturbereinigte Haushaltssaldo USA versus EU, Graph: Prof. Paul Krugman

Dienstag, 12. August 2014

Droht Deutschland eine „Japanisierung“?

Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft scheint sich  einzutrüben. Der vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) ermittelte Konjunkturindikator hat sich seit über zwei Jahren nicht mehr so stark verdüstert.

Der achte Rückgang des Indikators in Folge deutet darauf hin, dass die gegenwärtigen Stimulus-Massnahmen der EZB nicht viel taugen, eine deflationäre Spirale im japanischen Stil zu hindern, wie Bloomberg berichtet.

Während Inflationserwartungen im Euro-Raum fallen, fällt auch die Rendite der deutschen Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit. Die Rendite der Germany Bunds beläuft sich zur Zeit auf 1.06 Prozent. Es kam heute sogar mit 1,023% zu einem Rekordtief. Die Staatspapiere mit 2 Jahren Laufzeit werfen mittlerweile eine negative Rendite ab: -0,008%.

Deutschland schickt sich an, dem „exklusiven Club“ der Nationen seit einem Jahrzehnt beizutreten, die sich das Geld für 10 Jahre für weniger als 1% borgen können. Die Schweiz ist das einzige Land unter 25 Industrienationen, wo die Rendite der 10-jährigen Staatsanleihen derzeit unter 1% liegt.

Montag, 11. August 2014

Inflation im Euro-Raum fällt und fällt

Am Donnerstag wird das Statistische Amt der Europäischen Union (EU), kurz eurostat den harmonisierten Verbraucherindex (HICP) im Euro-Raum bekannt geben.

Im Vorfeld spricht die folgende Abbildung Bände: Inflationserwartungen (gemessen an 10-Jahres Break-even Sätzen) nähern sich dem Niveau von 2008.


Inflationserwartungen im Euro-Raum (gemessen an Break-even Sätzen), Graph: Morgan Stanley

Markt ist nicht immer zauberhaft

In der aktuellen Ausgabe von Times Magazine porträtiert Robert Draper junge libertäre Menschen und fragt, ob wir uns möglicherweise auf einen „libetarian moment“ bewegen.

Wahrscheinlich nicht, bemerkt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Phosphorus and Freedom“) am Montag in NYTimes dazu. Umfragen zufolge neigen junge Amerikaner dazu, wenn überhaupt, Argumente zugunsten eines grösseren Staates zu unterstützen, mehr als ihre ältesten, erklärt der am Graduierten Zentrum der City University of New York (CUNY) lehrende Wirtschaftsprofessor.

Krugman stellt jedoch eine andere Frage: Ist libertarian economics überhaupt realistisch?

Die Antwort ist nein, so der im Luxembourg Income Study Center forschende Ökonom: „Der Grund lässt sich in einem Wort zusammenfassen: Phosphor“.

Vielleicht haben Sie gehört, dass Toledo seine Bewohner neulich davor gewarnt hat, das Wasser zu trinken. Warum? Verunreinigung durch giftige Algenblüten im Erie See, weitgehend verursacht durch das Schmelzwasser des Phosphors aus Farmen.

Als Krugman die Nachricht gelesen hat, sei ihm das Ganze etwas bekannt vorgekommen: Vergangene Woche sprachen viele republikanische Schwergewichte auf einer Konferenz, die vom Blog Red State gesponsert wurde.

Sonntag, 10. August 2014

Europa vor Stagnation und Deflation

Es war der Verfolgunswahn von Inflation, der die EZB veranlasst hat, im April und dann im Juli 2011 mitten einer Rezession die Zinsen in der Euro-Zone zu erhöhen, anstatt zu senken.

Die dogmatisch geprägte Diagnose, wonach die Schuldner-Länder über ihre Verhältnisse gelebt hätten, hat dann die Austeritätspolitik hervorgebracht. Der von Brüssel und Berlin verordnete Sparkurs durch Lohnkürzungen an der EU-Peripherie und die Ausgabensenkung der öffentlichen Hand im Allgemeinen hat die bereits schwer angeschlagene Wirtschaft weiter getrübt.

Wo es kein Wachstum gibt, können Staatsschulden nicht abgebaut werden. Zumal nicht die Schulden, sondern die Ungleichgewichte im Aussenhandel die Ursache der Euro-Krise sind.

Keynesianisch inspirierte Ökonomen haben von Anfang an vorausgesagt, dass die Euro-Zone mit Stagnation und Deflation konfrontiert werde, wenn die angebotsorientierte Konzeption fortgesetzt würde.


Inflation im Euro-Raum, Graph: Morgan Stanley

Samstag, 9. August 2014

Warum Verbraucherausgaben sich so schwach entwickeln

Wenn man bedenkt, dass der private Verbrauch rund 70% der Wirtschaftsleistung (BIP) ausmacht, ist es unschwer, sich auszumalen, welche Rolle die Konsumausgaben in Bezug auf die verhaltene konjunkturelle Dynamik der Expansion nach dem technischen Ende der Rezession in den USA  spielen.

Auch wenn die Verbraucherausgaben in den vergangenen Quartalen etwas stärker gestiegen sind, verläuft die Entwicklung im Vergleich zu vorhergegangenen Expansionen noch sehr schwach.

In einem aktuellen Beitrag in Liberty Street Economics, dem Blog von New York Fed zeigt Jonathan McMarthy den Verlauf der Konsumausgaben geteilt in zwei Kategorien: (1) diskretionäre und (2) nicht-diskretionäre Ausgaben.

Die sog dicretionary Konsumausgaben sind in den vergangenen Quartalen spürbar gestiegen. Die non-discretionary Konsumausgaben hingegen bleiben hinter dem Höhepunkt vor der Rezession zurück.




Real Discretionary Services PCE in Erholungsphasen der Konjunktur, Graph: Jonathan McMarthy in: Liberty Street Economics, New York Fed

Freitag, 8. August 2014

Ungleichheit beeinträchtigt Wirtschaftswachstum

Seit mehr als drei Jahrzehnten hat jeder, der in der amerikanischen Politik etwas zu sagen hat, der Ansicht zugestimmt, dass höhere Steuern für Reiche und verstärkte Sozialhilfe für Arme das Wirtschaftswachstum beeinträchtigen.

Es gibt aber immer mehr neue Beweise dafür, dass die gesamte Prämisse dieser Debatte falsch war, betont Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Inequality is a drag“) am Freitag in NYTimes.

Aktuelle Analysen kommen aus Orten wie z.B. dem Internationalen Währungsfonds (IWF), dass die starke Ungleichheit auf dem Wachstum lastet und dass die Umverteilung gut für die Wirtschaft ist.

Die neue Ansicht wird auch von Standard & Poor’s geteilt: Laut einer letzte Woche vorgelegten Analyse gilt hohe Ungleichheit als Wachstumshindernis.

Wie ist es aber möglich? Verringern die Besteuerung der Reichen und die Handreichung für die Arme nicht den Anreiz, Geld zu verdienen? Nun, ja, es ist so, dass extreme Ungleichheit vielen Menschen die Chance beraubt, sich selbst zu erfüllen.

Man denke darüber nach: Haben talentierte Kinder in amerikanischen Familien mit geringerem Einkommen die gleiche Chance, die richtige Ausbildung zu bekommen, um die richtige Karriere einzuschlagen, um höher auf der Leiter zu kommen? Natürlich nicht. Extreme Ungleichheit bedeutet eine Verschwendung von Human Ressourcen, so der am Graduierten Zentrum der City University of New Work (CUNY) lehrende Wirtschaftsprofessor.

Donnerstag, 7. August 2014

Konsumentenpreise fallen in der Schweiz weiter

In der Schweiz ist der Index für Verbraucherpreise (CPI) im Juli 2014 gegenüber dem Vormonat um 0,4% gesunken. Verglichen mit Jahresraten blieb die Teuerung unverändert.

Bemerkenswert ist, dass die Importpreise im Juli gegenüber dem Vormonat um 1,1% gefallen sind. Innert Jahresfrist ist der Import-Preisindex um 0,7% zurückgegangen.

Während der Schweizer Franken (CHF) sich gegenüber dem USD seit Mai abschwächt, bleibt die Niedriginflation („lowflation“) das grösste Risiko aus Sicht der Schweizer Volkswirtschaft.

Sollte es zu Deflation kommen, müsste die SNB mit weiteren unkonventionellen Massnahmen reagieren. Solange deflationäre Risiken bestehen bleiben, dürfte die SNB am aktuellen Kurs der Geldpolitik festhalten. Das heisst u.a., dass auch am Mindestwechselkurs von 1,20 CHF per EUR (EUR/CHF floor) nicht gerüttelt wird.

Deflationsrisiken könnten v.a. aus dem Euro-Raum überschwappen (spillover effects). Deshalb gilt es, die Entwicklung des Import-Preisindex aufmerksam zu beobachten.



Inflation schwankt in der Schweiz um die Null-Grenze, Graph: ZKB in DMO